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AutorenbildJohanna Schütz

Strick trägt man nur im Winter!?

Da wären wir auch schon direkt beim Thema. Ist das denn wirklich so? Kann man Strickkleidung nur in der kalten Jahreszeit tragen? Von mir bekommt diese Frage eine ganz eindeutige Antwort: Nope!


'Ja und warum ist das so?', fragt ihr euch jetzt vielleicht. Naja zum einen liegt das erstens natürlich am Schnitt des Kleidungsstücks. Ist klar, wenn ich im Sommer einen langärmligen und hochgeschlossenen Pullover anhabe, wird mir voraussichtlich auch sehr heiß werden. Jedoch liegt die Antwort nicht alleine in der Art des Strickteils, sondern auch ganz eindeutig im Material - sprich bei der Garnauswahl!


In diesem ersten Blog Post von meiner neuen Reihe #Garngeflüster möchte ich euch etwas zu verschiedenen Garnzusammensetzungen erzählen und warum sich diese für verschiedene Jahreszeiten eignen.

Wer gerne strickt, der kennt es: die überwältigende Auswahl an Materialien für das nächste Projekt. Und dann nicht nur diese ganzen Farben und Stärken, sondern auch noch Zusammensetzungen! Dann hat man sich endlich für das perfekte Knäuel entschieden und legt voller Vorfreude los, nur um schließlich beim Tragen zu merken, dass man sich die Seele aus dem Leib schwitzt. Die Frustration ist groß und das Teil landet traurig im Schrank, wo es meistens auch vergessen wird. So ging es mir zumindest, als ich das erste Mal ein Sommeroberteil gestrickt habe - aus Schurwolle!


Um sich das ganze Debakel zu ersparen, sollte man also auch Zeit darin investieren, sich geeignetes Garn herauszusuchen. Ja und wie ist das denn jetzt endlich mit den Zusammensetzungen? Ich könnte euch nun einfach eine Auflistung dazu geben, welches Garn sich für welche Jahreszeit eignet. Ich möchte euch aber doch ein bisschen mehr Einblick in die Hintergründe dazu geben, warum das jeweils so ist. Keine Angst, eine kompakte Liste gibts auch noch.


Generell hängt die thermische Wirkung von Garnen mit den Hohlräumen der Stränge zusammen. Je größer diese Hohlräume, desto mehr Platz, um Luft zu isolieren. Je nach Faserdichte hat das zur Folge, dass es Materialien gibt, welche besser für den Winter oder den Sommer geeignet sind.


Fangen wir doch einfach mal mit dem Klassiker an: die tierische Wolle. Ganz im Allgemeinen wird das Material Wolle aus Tierfasern gewonnen, wobei es sich nicht nur um Schafe mit all seinen Wollarten handeln muss, wie man vielleicht zuerst annehmen könnte.

Zum Schaf gesellen sich Alpakas, Angora-Kaninchen, Kaschmir- & Mohair-Ziegen und die Seidenspinnerraupe.


Die Fasern der Raupe werden aus deren Larvenkokons gewonnen, was Seide auch so teuer macht. Denn wie man sich schon denken kann, ist dieser Prozess sehr aufwändig und zeitintensiv. Die glatten Seidenfasern isolieren kaum Wärme, wodurch sich das Material eher für wärmere Außentemperaturen als den Winter anbietet.


Die Wolle aller genannten fell-haltigen Tiere wirkt dabei wärmend. Auch wenn davon viele Arten die Eigenschaft haben, temperaturregulierend zu wirken, ist das trotzdem nicht so zu verstehen, dass euch eine kühle Brise umspielt, sobald euch zu warm in eurer Kleidung wird. Schön wär's! Vielmehr ist es so, dass die Hohlräume der Fasern dazu in der Lage sind, Körperwärme gut zu isolieren, was euch dadurch warm hält. Durch ihre natürliche Fähigkeit, Feuchtigkeit aufzunehmen (z.B. Schweiß) und nach außen hin wieder an die Umwelt abzugeben, entsteht aber gleichzeitig eine kühlende Wirkung, die vor Überhitzung schützt. Irgendwo ist das ganze auch logisch, denn es handelt sich hierbei ja immer noch um ein Tierfell, das normalerweise am Tier zu finden ist - Sommer wie Winter - und daher einen thermischen Effekt haben muss.


Trotz der temperaturregulierenden Wirkung würde ich persönlich für Sommerkleidung nicht zu tierischer Wolle greifen, da sich aus meiner Sicht pflanzliche Alternativen besser dafür eignen. Zumindest nicht in großen Wollstärken und für den Hochsommer. Für ein Übergangsstück, welches im Frühling oder im Herbst getragen wird, kann sich der regulierende Effekt jedoch als nützlich erweisen. Die wärmsten Wintertage lassen sich am besten mit Schur-, Alpaka- oder Angorawolle verbringen.


Ich möchte euch außerdem noch darauf hinweisen, dass es bei Tierfasern sehr große Unterschiede gibt, was den Tierschutz anbelangt. Ohne in große Details in diesem Post zu gehen (denn das sprengt thematisch den Rahmen und ist genug Stoff für ein andermal), so liegt es mir trotzdem sehr am Herzen, darauf aufmerksam zu machen. Denn egal ob der Eignung des Garns, ich denke nicht, dass ein Tier zu Gunsten des Menschen leiden sollte. Die Gewinnung von Angora-Wolle findet oftmals durch das Rupfen der Kaninchen bei lebendigen Leibe statt, das dabei große Schmerzen und Ängste erleidet und die Prozedur meistens nicht überlebt. Achte beim Kauf unbedingt darauf, dass es sich nicht um chinesische Wolle handelt, wo dies die gängige Materialgewinnung ist. Wer dieses Leid umgehen möchte, kann sich beispielsweise bei Seidenhase um Kaninchenwolle bemühen, welche artgerecht und ohne Tierquälereien in Thüringen gewonnen wurde.

Auch bei Merinowolle ist Vorsicht geboten! Der Prozess des 'Mulesing' ist ein qualvolles Vorgehen, bei denen Merino-Lämmern ohne Betäubung und anschließende Versorgung Hautfalten im Schwanzbereich abgeschnitten werden. In vielen Ländern ist Mulesing verboten, so auch in Deutschland. Trotzdem sollte beim Wollkauf auch hier darauf geschaut werden, dass das Garn Mulesing-frei hergestellt wurde.


Weiter geht's mit pflanzlichen Fasern, die vegane Alternative. Baumwolle, Leinen und Bambus sind alles Materialien, mit denen sich Kleidungsteile stricken lassen, die perfekt für den Sommer geeignet sind. Das erwähnte Prinzip der Hohlräume kann auch hier als Erklärung genommen werden - nur in umgekehrter Form. Denn was die Tierfaser sehr viel hat, haben diese Pflanzenfasern weniger: Platz für Hohlräume zur Wärmespeicherung. Aus diesem Grund liegen sie hervorragend an warmen Tagen auf unserer Haut.


Reine Bambus- und Baumwollgarne tragen sich angenehm weich, während sich Leinengarn etwas steifer und robuster anfühlt. Fest und äußerst reißfest sind sie jedoch alle. Beim Stricken erhältst du ein sehr klares Strickbild, was sich sehr gut für ein luftiges Lochmuster eignet.

Gerade Baumwollgarn lässt sich perfekt für den Sommer verstricken, da sich die Teile sogar bei bis zu 60° in der Waschmaschine waschen lassen. Ganz anders als bei vielen tierischen Wollen, bei der die Pflege aufwändiger sein kann.


Und zu guter letzt kommen wir noch zu den (halb-)synthetischen Fasern. Da gibt es ja auch eine ganze Vielzahl von. Polyamid, Polyester, Polyacryl, Viskose, Modal...die Liste ist lang! Viele dieser Teile lassen sich in Form von Mischgarnen wiederfinden. Das heißt, sie sind entweder miteinander oder mit Teilen von Natur- oder Tiergarnen kombiniert. Ich beziehe mich nun auf die Verwendung von den synthetischen Fasern, welche rein oder zu Hauptteilen als Wollersatz genutzt werden.

Persönlich meide ich künstliches Garn aus dem Grund, da es ganz einfach genau das ist: künstlich. Vor allem aus nachhaltigen Gründen ist die Zusammensetzung für mich bereits in der Herstellung problematisch. Nichtsdestotrotz muss jeder diese Entscheidung für sich selbst treffen.


Ausgleich schaffen hierbei jedoch halbsynthetische Fasern, also solche die einen natürlichen Ursprung haben, aber synthetisch hergestellt wurden. In meiner Liste sind dies zum Beispiel Viskose und Modal, wobei Modal nur in Mischgarnen zu finden ist. Der Vorteil an dem Halbkünstlichen ist, dass sie trotzdem biologisch abbaubar sind. Beide Fasern sind eher für Sommerkleidung geeignet, da sie keine wärmespeichernden Eigenschaften haben.


Damit bleibt uns noch unsere Poly...-Familie übrig. Bei diesen Garnen kann ich leider nicht ohne 'wenn und aber' argumentieren. Denn an sich sind alle Allrounder, bringen aber trotzdem auch Haken mit sich.

Polyester ist sehr strapazierfähig und hält gerade im Winter gut warm. Leider bringt das Garn aber keine Atmungsaktivität mit sich, wie es die Pflanzen- und Tierfasern tun. Dadurch wird die Wärme eingeschlossen und kann nicht entweichen. Die Folge: man schwitzt sehr schnell. Aus diesem Grund sind Polyester-Garne auch nicht gut für den Sommer geeignet.

Polyacryl ist eine Faser, welche sehr pflegeleicht ist. Sie ist maschinenwaschbar und die Strickteile bringen kein hohes Gewicht mit sich. Ebenso wie Polyester hält es gut warm, teilt sich aber leider genauso den Nachteiteil, dass es nicht atmungsaktiv ist. Wer also genauso wie ich nicht sehr stark schwitzen möchte, lässt auch davon lieber ab.



Offensichtlich beinhaltet meine Liste nicht jedes einzelne Garn, das es gibt. Das ist lediglich ein Auszug, die ich selbst am wichtigsten empfinde. Habe ich deiner Meinung nach das beste ausgelassen? Lass es mich gerne wissen!


Und jetzt noch einmal kompakt:

SOMMERGARNE

WINTERGARNE

Seide

Schurwolle

Baumwolle

Merinowolle

Baumbus

Alpaka

Leinen

Mohair

Viskose

Angora

Kaschmir

Polyester

Polyacryl

Ich hoffe, ein bisschen Licht ins Dunkel der Fasereigenschaften von Garnen gebracht zu haben. Vielleicht fällt euch ja die Materialauswahl für das nächste Projekt damit ein wenig leichter! :)



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