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AutorenbildJohanna Schütz

Wolle und der Preis der Tiere

Heute wende ich mich einem Thema zu, welches ich als Blog Post schon etwas länger vor mir herschiebe. Der Grund dafür ist, dass es sich für mich um ein emotional schweres und umfangreiches Gebiet handelt. Es geht um Tierschutz und den fairen Umgang mit Tieren für den Gewinn an Wolle.

Puh, ja ich weiß, das kann ganz schön heavy werden! Aus diesem Grund möchte ich den Post dazu in zwei Teile aufteilen und euch heute darüber erzählen, was manche Tiere erleiden müssen, damit wir unsere tierische Wolle zum Stricken nutzen können. Nächste Woche wird es dann einen Post dazu geben, worauf ihr bei der Materialauswahl und dem Kauf achten solltet, wenn ihr das Tierleiden umgehen möchtet. Zusätzlich dazu möchte ich euch dann eine Liste mit Anbietern mit auf den Weg geben, welche örtliche und Tierschutz-konforme Wollhersteller beinhaltet.


Mulesing

Vielleicht seid ihr schon das eine oder andere mal über den Begriff 'Mulesing' gestolpert und habt euch dann gefragt, was das denn bedeuten soll. Hierbei handelt es sich um ein Praktik aus der Schafzucht, besonders bei Merinoschafen. Zusammengefasst wird dabei Lämmern ein Hautstreifen um ihren Schwanz herum mit einem Messer entfernt, sodass sich ein glattes Narbengewebe bildet - und dies vollkommen ohne Betäubung und meist ohne Nachsorge.


Nun fragt man sich natürlich sofort, warum das Ganze? Und warum vor allem Merinoschafe?

Der Grund für das Vorgehen liegt darin, dass dadurch Fliegen die Möglichkeit genommen werden soll, sich auf dieser Fläche einzunisten und ihre Eier dort abzulegen. Durch die vernarbte Haut wird ihnen diese Chance genommen. Dass es sich aber dabei um ein unglaublich qualvolle und brutale Methode handelt, ist offensichtlich! Zumal durch die fehlende Nachbehandlung der Heilungsprozess nicht gefördert wird und die Lämmer oft mit entzündeten Wunden zurechtkommen müssen. Welche sich übrigens hervorragend als Nistplatz für Fliegen eignen ... so viel dazu.

Und warum jetzt gerade Merinoschafe? Merinowolle ist mit die gefragteste Wollart, die es auf dem Markt gibt. Aus diesem Grund heraus sind viele Merinoschafe so gezüchtet worden, dass sie eine größere Hautfläche durch viele Falten zu haben. Dadurch steigt dementsprechend auch die Fläche, auf der die Wolle am Tier wächst und somit auch die Produktion.


Das große Problem, das diese Zucht mit sich bringt, ist dass die Haut der Schafe zwischen den Falten nicht mehr genug Luft bekommt, wodurch sich Feuchtigkeit bildet. Gerade im Schwanzbereich stellt dies eine Komplikation dar, da diese Feuchtigkeit noch zusätzlich durch Urin und Kot unterstützt wird. Genau das findet aber die Schmeißfliege besonders toll! Angezogen davon legt sie ihre Eier in den Hautfalten ab. Sobald die Fliegenmaden geschlüpft sind, fressen sie sich in die Haut der Tiere und verursachen somit Infektionen, welche die Schafe meist nicht überleben.


Man könnte nun argumentieren, dass das vorsorgliche entfernen von Hautfalten dann doch etwas positives ist, um den Schafen den Fliegenbefall zu ersparen. Aber ist das wirklich der springende Punkt des Problems?

Meiner Meinung nach nicht! Vielmehr sollte doch von Anfang an darauf verzichtet werden, die Schafe so auf den eigenen Bedarf heran zu züchten, dass sie unnatürlich große Hautflächen entwickeln und sich somit die 'gefährlich' werdenden Hautfalten erst bilden.


Dies würde aber natürlich bedeuten, dass das einzelne Tier weniger Wolle in einem Zyklus produziert. Somit sinkt der Gewinn, man müsste die Schafanzahl erhöhen, um auf denselben Ertrag zu kommen, was die Ausgaben für die gestiegene Tieranzahl wiederum anhebt und der Schaffarm noch mehr Platz kostet. Da greifen doch viele lieber auf die höhere Produktionsrate zurück - alles auf Kosten des Tieres!


Was wir als Konsument dagegen tun können und worauf wir beim Einkauf achten sollten, erzähle ich euch nächste Woche.


Angorakaninchen

Bei Wolle vom Angorakaninchen handelt es sich um ein unglaublich weiche und flauschiges Garn, welches aus deren Fell gesponnen wird. Die Langhaarkaninchen wurden ebenfalls so gezüchtet, möglichst viel und langes Haar zu produzieren. Diese Veränderung erschwert es den Tieren, sich selbst sauber und gepflegt zu halten, da es nicht ihrer natürlichen Form entspricht. Dadurch kann ihr Fell schnell verfilzen, das Kaninchen im Bewegungsfreiraum eingeschränkt werden und kann dazu noch zu Entzündungen und Infektionen führen. Auch hier kann dann ein Fliegenmadenbefall wie auch bei den Schafen auftreten.


Leider hört das Tierleid aber hier nicht auf. Bei der 'Ernte' des Fells werden die Kaninchen einem unglaublich hohen Stress- und teils Schmerzfaktor unterzogen - und das 3 - 4 x im Jahr. Die Prozedur beginnt schon bei 6 - 8 Wochen alten Tieren, welche entweder geschoren oder auf einer Streckbank gerupft werden, um an das Fell zu kommen. Nicht nur sind beide Vorgehensweisen mit Schock und Panik verbunden, auch erleiden sie unglaubliche Schmerzen und Verletzungen. Durch diese Belastung, sowie den plötzlichen extremen Temperaturunterschied, erliegen viele Angorakaninchen schon den Folgen der ersten Schur.


Meist werden die Tiere in einzelnen, kleinen Käfigen gehalten, um zu vermeiden, dass sie sich gegenseitig das kostbare Fell kaputt machen. Isoliert und in engen Drahtkörben lebend, sind sie so sich selbst überlassen.


Aber auch hier gibt es kleine, vereinzelte Alternativen für diejenigen, die gerne Angorakaninchenwolle aus artgerechter Haltung nutzen möchten. Auch das erfahrt ihr im nächsten Blog Post.

Alpaka | Kaschmir | Mohair Wolle

Alle drei Wollarten sind sehr weiche und edle Fasern. Wer hatte sie als Stricker|in nicht schon in der Hand?

Aber auch hier sollte bewusst ausgewählt und eingekauft werden. Wie es in der Tierhaltung leider so ist, wird hier ebenfalls nicht immer artgerecht gehandelt. Viele Erträge von Alpakas, Kaschmir- und Angoraziegen werden durch qualvolles und stressiges Vorgehen gewonnen.


Dabei werden sie entweder mit gefesselten Beinen zu Boden gedrückt oder auf eine Streckbank gebunden, auf der sie dann geschoren werden. Nicht immer haben die Arbeiter|innen dazu eine Schermaschine zur Hand, weshalb das Werkzeug auch durch scharfe Messer oder sogar Scherben ersetzt werden kann. Dies führt zusätzlich zur großen Panik, unter der die Tiere leiden, zu Verletzungen, welche nicht gerecht versorgt werden. Denn wie auch schon in den Fällen davor: es steht nicht immer das Tierwohl im Vordergrund, sondern leider auch sehr oft der finanzielle Gewinn.


In manchen Gegenden werden die Arbeiter|innen nämlich nicht nach Stundenlohn sondern nach der Anzahl an geschorenen Tieren bezahlt. Dies führt offensichtlich dazu, dass nachlässig und unvorsichtig mit den Lebewesen umgegangen wird.

Nicht nur der Stress und Schock oder auch die Verletzungen können den Tod für die Tiere bedeuten, auch ist es möglich, dass einige von ihnen je nach Lebensraum erfrieren, da ihnen das schützende Fell genommen wurde.


So einmal durchatmen... das sind ganz schön heftige und traurige Dinge, mit denen wir uns diese Woche auseinandersetzen. Aber was bringt es, einfach wegzusehen und den eigenen Konsum nicht tierfreundlicher auszurichten? Auch wenn wir nicht direkt die Person sind, die dem Tier das Leid in diesem Moment zufügt, so können wir doch unseren Beitrag leisten und bewusster unsere Wolle einkaufen, um diese Praktiken nicht zu unterstützen.


Wie ihr euren Einkauf danach besser ausrichten könnt und an welche Hersteller ihr euch halten könnt, erzähle ich euch nächste Woche.

Bis dahin wünsche ich euch schöne Tage!





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